- Betreuung: Klaus-Dieter Mathes
Immer wenn Religionen, so auch der Buddhismus, in kulturelle Räume vordringen, sind sie gefordert, sich an neue soziokulturelle Kontexte anzupassen. Insbesondere im Zuge eines sogenannten Religionsimports (Nattier: „Who is a buddhist? Charting the landscape of buddhist America” 1998, 183-195) bestimmt die Nachfrage nach religiösen Lehren deren individuelle Ausformung.
Mit philosophischen und tantrischen Themen bieten westliche Zentren tibetisch-buddhistischer Prägung ihren Studenten technisch anspruchsvolle, schwierig anzueignende Inhalte. In dieser Arbeit stelle ich mir die Frage, inwiefern diese den Mechanismen eines Religionsimports und unter Umständen – trotz ihrer für die Tradition maßgeblichen Rolle – diversen Änderungen und Verzerrungen ihrer selbst unterworfen sind. Als Beispiel dient mir ein Kurs zum Thema der tibetischen Debatte im dGe lugs Zentrum „Tibethaus Deutschland“.
Ein historischer Überblick sowie die Darstellung formaler und semantischer Merkmale der Debatte, wie sie von den dGe lugs pa gegenwärtig praktiziert wird, dienen der Kontextualisierung des von mir untersuchten Kurses. Da zu vermuten ist, dass die pragmatischen Aspekte der tibetischen Debatte eine besondere Rolle in Vermittlung und Ausübung spielen, widmet sich ein Kapitel Körperlichkeit, Rhetorik und Humor in der Debatte.
Da der Kurs auf der Grundlage eines Einführungstextes zur tibetischen Logik mit dem Titel „Darlegung vom Zeichen und der Argumentation: Alle Phänomene erhellender Spiegel“ unterrichtet wird, vermittelt eine Übersetzung und Erläuterung des ersten Teils dieses Lehrtextes, welcher sich mit verschiedenen Arten korrekter logischer Gründe befasst, die Inhalte und Strukturen, mit welchen sich die Kursteilnehmer auseinanderzusetzen haben.
Schließlich soll durch Interviews mit Lehrenden des Kurses festgestellt werden, inwiefern tragende Elemente der Debatte traditionsgetreu vermittelt werden, welche Schwierigkeiten dabei auftreten und ob strukturelle Momente identifiziert werden können, welche eine genuine Debatten-Ausübung zu sichern vermögen. Im Verdacht stehen hierzu v. a. die weiter oben erwähnten pragmatischen Elemente.