Das traditionelle Sanskrittheater Keralas Kūṭiyāṭṭam – »Zusammen-Spiel« – ist im Jahr 2001 von der UNESCO mit dem Titel »Masterpiece of the Oral and Intangible Heritage of Humanity« ausgezeichnet worden. Kūṭiyāṭṭam ist das einzige Sanskrittheater des indischen Subkontinents, das auf eine ungebrochene Tradition zurückblicken kann. Allerdings ist es auch eindeutig von der Kultur des indischen Südwestens geprägt, wie beispielsweise die ›Übersetzerfunktion‹ des Vidūṣaka zeigt. Die ersten schriftlichen Belege reichen bis ins 9./10. Jh. zurück. Noch bis zur Mitte des 20. Jhs. wurde Kūṭiyāṭṭam ausschließlich in einigen wenigen konservativen Tempeln vor einem kleinen, exklusiven Expertenpublikum aufgeführt.
Für Theaterwissenschaftler und Indologen birgt insbesondere die Untersuchung der Aufführungspraxis reiches Material: Die performative Textumsetzung bedient sich einer äußerst detaillierten Handgestensprache, die sowohl den rezitierten Schauspieltext als auch ausführliche Kommentare und langatmige Einschübe übermittelt. Diese Gestensprache kennt beispielsweise eigene Zeichen für Kasus, Numerus und Genus. Des Weiteren stehen stilisierte Mimik und Körperbewegungen sowie die Rezitation des Schauspieltextes in Form eines Sprechgesangs im Mittelpunkt. Der Vortrag wird diese grundlegenden Techniken anschaulich in Ton und Bild und mit kleinen Demonstrationen vorstellen.