Die Erstausgabe von Avalokitasiṃhas Dharmasamuccaya (DhS) durch Lin Li-Kouang wurde posthum mit Unterstützung von Paul Demiéville und Jan Willem de Jong in drei Bänden (Paris 1946, 1969 und 1973) herausgebracht. Dieses Werk besteht aus 2549 Strophen, die nach frommer Auffassung auf den Buddha zurückgehen sollen und nach sachlichen Kriterien in 36 Kapitel eingeteilt sind. Strukturell besteht damit eine Ähnlichkeit zu den verschiedenen Dhammapadas und zum Udānavarga. Der größte Teil der Strophen stammt aus dem sehr umfangreichen Saddharmasmtyupasthānasūtra (Saddhsu), von dem die erste Hälfte nunmehr auch in einer Sanskrit-Handschrift aus Tibet vorliegt.
Im Vortrag wird es zunächst um die Überlieferung des DhS gehen: Nach der Bewertung der Qualität der genannten Ausgabe wird das erst seit kurzem zugänglich gewordene neue Material, nml. eine bisher nicht bekannte Palmblatthandschrift des DhS und die Saddhsu-Handschrift vorgestellt, die beide eine Reihe von Verbesserungen erlauben. Außerdem soll auf die bereits 1939 von Paul Mus bearbeitete Ṣaḍgatikārikā, auch Saddharmasmtyupasthānakārikā genannt, und ihr Verhältnis zum Saddhsu eingegangen werden.
Es folgt ein erster Versuch der Einordnung des DhS nach verschiedenen Kriterien. Hierbei liegt die Frage der Authentizität der Strophen (Könnten sie – wenigstens teilweise – auf den Buddha selbst zurückgehen?) auf der Hand. Sie soll zumindest gestellt werden, auch wenn sie noch nicht abschließend beantwortet werden kann.