Zwei wichtige Konzepte der jinistischen Epistemologie sind das des Erkenntnismittels (pramāṇa) und das der Betrachtungsweise (naya). Gemeinsam gestalten diese Konzepte die oftmals debattierte, kritisierte und auch missverstandene Theorie von der Mannigfaltigkeit der Realität (anekānta-vāda).
Erkenntnismittel und Betrachtungsweise stehen für zwei verschiedene Methoden, die Relationen zwischen Erkenntnis, Sprache und Realität zu analysieren. Sie gestatten es unter anderem, den Kontext von Aussagen zu deuten und für Erkenntnisereignisse legitime Referenzpunkte festzustellen: Keine Aussage und keine Erkenntnis erweisen sich als absolut falsch. In diesem Sinne stellen die Konzepte auch eine Art frühindische logische Pragmatik dar, die die natürliche Sprache zu einem präzisen Instrument im philosophischen Diskurs macht. Thema des Vortrags sind das Wesen dieser Konzepte, ihre Beziehung zueinander und ihre Rolle in der jinistischen Erkenntnistheorie im historischen Kontext.