Ratnakīrti lebte in Bihar während der letzten Phase lebendiger buddhistischer Philosophie in Indien, ca. 500 Jahre nach Dignāga (ca. 480-540), und schrieb konzise Abhandlungen zu verschiedenen Themen der buddhistischen Philosophie. Eine dieser Abhandlungen, die Apohasiddhi ("Nachweis der Sonderung"), soll im Rahmen dieser Dissertation kritisch ediert, übersetzt und interpretiert werden. In diesem Text werden die wesentlichen Punkte des Apohavāda, der buddhistischen Begriffstheorie, dargestellt. Durch die Analyse dieses Textes soll zunächst ein klares Bild davon gewonnen werden, welche Form der Apohavāda in seiner letzten indischen Prägung erhalten hatte. Davon ausgehend wird versucht werden, die Wandlungen dieser Theorie, die sie in Indien seit ihrer Entstehung bei Dignāga durchgemacht hat, nachzuvollziehen.
Es sollen zu diesem Zweck zwei in der heutigen Forschung übliche Methoden genutzt werden: einerseits die historisch-philologische, von Erich Frauwallner erstmals auf Problemstellungen der indischen Philosophie angewandte Methode. Andererseits soll im Sinne einer inhaltlich orientierten Exposition der Probleme, die man mit dem Apohavāda zu lösen suchte, ein Ansatz verfolgt werden, der am ehesten als systematisch zu bezeichnen ist, insofern mit seiner Hilfe – auf historisch-philologisch gesichertem Fundament aufbauend – versucht wird, die Entwicklung des Apohavāda als einer philosophischen Theorie zu verfolgen. Die erste Methode zielt auf eine Feststellung historischer Tatsachen ab und sichert, in einer kritischen Edition des Textes, die Grundlage für die Herausarbeitung - mit Hilfe der zweiten Methode - von inhaltlichen Schwierigkeiten, Modifikationen und Voraussetzungen des Apohavāda.