Dharmottaras Erklärung von Dharmakīrtis kṣaṇikatvānumāna (Pramāṇaviniścayaṭīkā zu Pramāṇaviniścaya 2 vv. 53-55 mit Prosa)

14.06.2010

Masamichi Sakai

  • Betreuung: Helmut Krasser

Bereits in seinem ersten Werk, im Kommentar (Svavṛtti) zum Kapitel über die Schlußfolgerung seines Pramāṇavārttika, versucht der große buddhistische Philosoph Dharmakīrti (ca. 600-660), die Probleme beim traditionellen buddhistischen Argument für das Vergehen der Dinge in jedem Augenblick (kṣaṇikatvānumāna) zu erkennen und zu beseitigen. Der dabei ansatzweise entwickelte Beweis, bei dem die Augenblicklichkeit der Dinge aus ihrer Existenz abgeleitet wird, das sogenannte sattvānumāna, zeigt sich aber erstmals in einem seiner späteren Werke, dem Pramāṇaviniścaya (PVin), in seiner ganzen Gestalt. In diesem Werk (PVin 2 vv. 53-55 mit Prosa) präsentiert Dharmakīrti nicht nur das sattvānumāna in seiner vollen Form, sondern entwickelt gleichzeitig auch den traditionellen Augenblicklichkeitsbeweis seiner Vorgänger, wie er etwa bei Vasubandhu zu finden ist, weiter. In dieser Dissertation werden die Erklärungen zu dem genannten Textabschnitt von Dharmakīrtis PVin in Dharmottaras (ca. 740-800) Pramāṇaviniścayaṭīkā (PVinṬ) behandelt. Dharmottaras PVinṬ ist der einzige im Original erhaltene Sanskrit-Kommentar zu diesem Text. Die philosophischen Leistungen seines Autors werden von E. Frauwallner folgendermaßen gewürdigt: "Er ist ... der erste buddhistische Logiker nach Dharmakīrti, der durch die Eigenart seiner Gedanken nicht nur unter seinen Zeitgenossen Anerkennung gefunden hat, sondern dessen Werke noch mehrere Jahrhunderte lang von Einfluß gewesen sind, und dessen Namen wir auch in den Werken gegnerischer Schulen, die uns erhalten sind, öfter genannt finden."1) Auch seine Erklärung von Dharmakīrtis Augenblicklichkeitsbeweis in PVin 2 bestätigt Frauwallners Beschreibung von Dharmottara. Das erste Ziel dieser Dissertation besteht darin, das einzige Sanskrit Manuskript der PVinṬ diplomatisch und kritisch zu edieren, wobei für die kritische Edition neben der tibetischen Übersetzung auch Zitate oder parallele Stellen in anderen buddhistischen Texten, etwa in Karṇakagomins Pramāṇavārttikasvavṛttiṭīkā, oder in Jaina Texten, etwa in der Dravyālaṅkāraṭīkā, als Textzeugen herangezogen werden. Neben dem Sanskrit Text wird auch die tibetische Übersetzung dieses Abschnittes kritisch herausgegeben werden. Die kritische Sanskrit-Edition wird von einer deutschen annotierten Übersetzung begleitet sein, um den Text dem Leser besser zugänglich zu machen. 1) E. Frauwallner, Dharmottaras Kṣaṇabhaṅgasiddhiḥ. Text und Übersetzung. Wiener Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes 42 (1935): 218.