Das früheste Zeugnis altindischer Literatur, der Rigveda, wird allgemein in den Zeitraum zwischen 1500 und 1200 v. Chr. datiert. Dem Inhalt und der Funktion nach handelt es sich um ein religiöses Werk, das in den folgenden Jahrhunderten eine ständig wachsende Zahl von ritueller und erklärender Begleitliteratur nach sich gezogen hat. Erstaunlich ist dabei der Umstand, dass den gängigen Vorstellungen zufolge die Schrift sehr viel später geschaffen wurde, nämlich erst im 3. Jahrhundert v. Chr., und auch da zunächst nur für den administrativen Gebrauch. Somit ist von einer ungewöhnlich langen ausschließlich mündlichen Überlieferung auszugehen, die auch noch jüngere religiöse Bewegungen wie den Buddhismus geprägt hat, der um die Mitte des ersten Jahrtausends v. Chr. entstand. Zwischen dem Beginn der Schriftlichkeit und den ältesten handschriftlichen Belegen klafft dann nochmals eine große Lücke, denn in Indien selbst sind Manuskripte erst ab dem Ende des ersten nachchristlichen Jahrtausends erhalten; ältere Fragmente kannte man lediglich aus Zentralasien. Entsprechend groß war die Überraschung, als in den letzten zwei Jahrzehnten aus Pakistan und Afghanistan indischbuddhistische Handschriften zugänglich wurden, die sich teilweise um die Zeitenwende datieren lassen, damit fast bis an den Anfang der literarischen Schriftbenutzung zurückführen und gleichzeitig andeuten, dass die Buddhisten möglicherweise als erste von der Schrift Gebrauch machten, um ihre Überlieferung zu sichern.
Programm
18.00 Uhr Begrüßung - Univ.-Prof. Mag. Dr. Susanne Weigelin-Schwiedrzik, Vizerektorin der Universität Wien
Einleitung - Univ.-Prof. Dr. Matthias Meyer, Dekan der Philologisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät
Vorstellung des Referenten - O. Univ.-Prof. Dr. Karin Preisendanz, Vorständin des Instituts für Südasien-, Tibet- und Buddhismuskunde
Vortrag - Literatur ohne Schrift? Der Sonderfall Indien und die Rolle des Buddhismus - Prof. Dr. Jens-Uwe Hartmann, Ludwig-Maximilians-Universität München
Im Anschluss: Preisverleihung des Rektorats für eine besonders herausragende Publikation in der Vienna University Press. In diesem Jahr geht der Preis an: Stefan Hulfeld (Hg.) - Scenari più scelti d‘istrioni. Italienisch-Deutsche Edition der einhundert Commedia all‘improvviso-Szenarien aus der Sammlung Corsiniana. Theater-Film-Medien, Band 1
Nach den Veranstaltungen laden die Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät und der Verlag zum Empfang ein.