Geschichten von Helden und Göttern im Spiegel volkstümlicher indischer Farbdrucke

06.11.2006 - 01.12.2006

aus der Sammlung Dr. Erich Allinger

Die Auswahl der in der Ausstellung gezeigten Drucke schließt an eine frühere Ausstellung von Drucken aus der Sammlung Dr. Erich Allinger an, die das Rāmāyaṇa, eines der beiden großen Sanskrit-Epen, illustrierten. Die diesjährige Ausstellung hat zunächst das zweite bedeutende Epos Indiens, das Mahābhārata, zum Inhalt, vornehmlich in Gestalt wichtiger Episoden der Haupterzählung, die sich um den Konflikt zwischen den Dynastien der Pāṇḍavas und Kauravas dreht. Darüber hinaus zeigen die Drucke Szenen vom Leben und Lieben des jungen Kṛṣṇa, jenes Helden, der sich während der Verkündigung des im Mahābhārata überlieferten Lehrgedichtes Bhagavadgītā als höchster Gott Viṣṇu offenbarte.

Ab dem Ende des 19. Jhs. wurden in Indien Zeichnungen sowie Öl- und Aquarellgemälde von religiös-mythologischen Motiven und epischen Szenen in großem Stil gedruckt. Ihre Verbreitung ermöglichte allen Bevölkerungsschichten einen visuellen Zugang zu beliebten Geschichten, deren Inhalt auch ein Brennpunkt von Volksfrömmigkeit war und ist. Unter europäischem Einfluss entwickelte sich dabei eine neue Ästhetik. Die farbenprächtigen Kunstdrucke – lange nur als „triviale Kunst“ oder Kitsch betrachtet – sind mittlerweile zu begehrten Sammelobjekten geworden.

Die Ausstellung präsentiert 36 Farbdrucke aus der Sammlung Dr. Erich Allingers, die dieser in den letzten 25 Jahren aus den verschiedensten Teilen Indiens zusammentragen konnte.


Programm zur Ausstellungseröffnung, 3.11.2006

16:00 | Einleitender Vortrag: Prof. Dr. Christopher Minkowski (Oriental Institute, Universität Oxford): „How the Mahābhārata took on Astrological Significance

The Mahābhārata has occupied a position of central importance in the Sanskritic cultural traditions since the middle of the first millennium of the common era. At its core, this massive text reflects in uncompromising ways on definitive moral, political and human problems. Therefore it is often surprising to modern readers how much attention the text's late medieval and early modern Sanskrit commentators have devoted to astrological interpretations of the Mahābhārata, and to solving technical problems of astrological calculation and prediction, given that the text itself does not foreground such astrological meanings or problems. A study and explanation of the phenomenon will be proposed, in combination with some general reflections on the later history of the epic's meaning.

18:00 | Begrüßung und Einführung durch den Vorstand des Instituts für Südasien-, Tibet- und Buddhismuskunde der Universität Wien, Prof. Dr. Karin C. Preisendanz; Grußworte des Deputy Chief of Mission und Gesandten, Indische Botschaft Wien, Shri Anup Kumar Mudgal; Vorstellung der Sammlung durch Dr. Erich Allinger; Einführung durch den Kurator Mag. Himal Trikha.

ca. 18:45 | Tanzvorführung: Dr. Vera-Victoria Szirmay (Odissi Samskara): „Oḍissi – Klassischer Tanz aus Ostindien

Oḍissi ist die klassische ostindische Tanzform aus Orissa und unterscheidet sich signifikant von den übrigen indischen Regionalstilen durch den graziösen Bewegungsduktus sowie Inhalt und Form. Sinnliche Posen erinnern an die Tempelreliefs und Darstellungen von Gottheiten in den plastischen indischen Kunstformen. Es wird dabei keine deutliche Trennung zwischen darstellendem und abstraktem Tanz vollzogen. Als Besonderheit gilt die enge Verbindung des Oḍissi-Tanzes mit dem Jagannātha-Kult von Puri.

Das Hauptmerkmal dieses Tempeltanzes ist eine außergewöhnliche Subtilität, welche die Feinheit der Gestik und Mimik hervorhebt. Die Ästhetik beruht auf dem vertrauten Umgang mit Musik und Poesie, insbesondere den Gedichten Jayadevas (Gītagovinda), deren Interpretation zu den wichtigsten Aufgaben dieser Kunstform zählt. Die Technik beruht auf einem dualistischen Prinzip von männlicher und weiblicher Energie.

Dr. Vera-Viktoria Szirmay verbindet in ihrer Tätigkeit Theaterwissenschaft (Universität Wien), Tanzkunst und Choreographie in Theorie und Praxis. Nach der Graduierung zur Tanzkünstlerin an der Budapester Staatsoper widmete sie ihr Bewegungs- und Darstellungs-talent dem Oḍissi-Tanz. In Wien ansässig, geht Frau Szirmay einer internationalen Lehr- und Performancetätigkeit nach.


Begleitprogramm zur Ausstellung

10. 11.2006, 15:00 | Vortrag: Univ.-Doz. Dr. Utz Podzeit (Institut für Südasien-, Tibet- und Buddhismuskunde, Universität Wien): „Der Tanz Krṣṇas auf dem Kopf des Kāliya – Vom ‘Hören auf die großen Erfahrungen und Einsichten der religiösen Traditionen der Menschheit’“

Nur in einem sorgfältigen Hinhören kann sich uns die Geisteswelt des „Anderen“ erschließen, sodass in einem heute unabdingbar notwendig gewordenen geistesgeschicht-lichen Prozess der bzw. das „Fremde“ vertraut wird und wir zu einem humanen Miteinander finden können. „Krṣṇa“ ist im Glauben der Hindus eine autoritativ verbürgte Chiffre für das „Transzendente“, das in jeder religiösen Tradition jeweils nur in zeitlich und räumlich definierten Mythisierungen vermittelt werden kann. Dieser Prozess der sprachlichen Vermittlung einer ihrem Wesen nach begriffsfreien Transzendenzerfahrung bedarf zu deren richtigem Verständnis einer besonderen hermeneutischen Methode, die in der transzendentalen Religionshermeneutik als ein neues religionsphilosophisches Instrumentarium angeboten wurde. Im Vortrag wird der Versuch unternommen, den Avatāra in der Gestalt des Krṣṇa an Hand ausgewählter Texte aus dem Kāliyadamana, der „Bändigung (der Schlange) Kāliya (durch Krṣṇa)“, von einem religionshermeneutischen Blickwinkel her zu verstehen.


17.11.2006, 15:00 | Vortrag:  Dr. Herman Tieken (Department of South and Central Asian Studies, Universität Leiden): „Bhagavadgītā and Anugītā

After the great battle Kr̥ṣṇa expresses the desire to see his relatives again. Arjuna asks Kr̥ṣṇa before leaving to repeat what he told him on the eve of the battle, since he has completely forgotten it. Kr̥ṣṇa tells him that that is impossible. Instead he relates the teachings of a certain siddha. This passage has become known as the Anugītā. However, on closer consideration the Anugītā appears to pass over all those elements which make the Bhagavadgītā such a unique treatise. While the Bhagavadgītā plays a pivotal role in the first part of the Mahābhārata, which culminates in the great battle, one may ask if the Anugītā, as another sermon by Kr̥ṣṇa, could not have played an equally pivotal role in the second part, which seems mainly concerned with the attempts of the survivors of the battle to get rid of the guilt of having killed their relatives.

Organiser:
ISTB
Location:
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