"Wind" (rlung) im Kontext der tibetischen Medizin

03.07.2012

Isabella Würthner

  • Betreuung: Klaus-Dieter Mathes

In der tibetischen Wissenschaft des Heilens (gso ba rig pa) wird rlung als das Wind- oder Luft-Element in unserem Körper verstanden. Es ist neben "Galle" (mkhris pa) und "Schleim" (bad kan) eine der drei nyes pa (krankmachende Faktoren), welche früher in westlicher Literatur nicht ganz korrekt als die drei Energien übersetzt wurden. Wenn diese in Balance sind, unterstützen sie das Leben. In Disbalance führen sie zu Krankheit. rLung ist verantwortlich für Funktionen wie Atmung, Entwicklung und Entbindung des Fötus sowie Klarheit der Sinne und Sprache. Ihm werden die Qualitäten rau, leicht, kalt, subtil, hart und beweglich zugeordnet und es residiert in den 5 Hauptenergiezentren ('khor lo).

Nach einer allgemeinen Einführung in die Grundlagen der "vier Tantras [der Medizin]" (rGyud bzhi) sowie des Pendant der bon po–Schule ('Bum bzhi), wird ein Teil des 2.Kapitels aus dem 3.Tantra des rGyud bzhi über das Heilen von rlung-Krankheitsbildern übersetzt. Basierend auf dieser Übersetzung sowie anderer Textstellen des Hauptwerkes der tibetischen Medizin, werden die Ursachen und Bedingungen, Klassifizierung, Symptome und Therapie erklärt und mit dem 'Bum bzhi verglichen.

Es soll ferner untersucht werden, in welchem Zusammenhang rlung und die Leitbahnen (rtsa), durch die es fließt, mit dem sogenannten feinstofflichen Körper und dem bla (u.a. mit "Lebensenergie" übersetzt, entspricht es wahrscheinlich einem alten bon–Konzept) stehen. Sämtliche Begriffe werden anhand von tibetischen Texten sowie westlicher Literatur untersucht.