Neue Perspektiven auf die frühe koloniale Religionsgeschichte Indiens: Rammohan Roy zwischen muslimischer Religionsphilosophie, brahmanischem Advaita Vedānta und christlichem Unitarianismus

12.11.2021 15:15 - 17:00

SDN-Jahresvortrag von Michael Bergunder | Abteilung Religionswissenschaft und Interkulturelle Theologie, Theologisches Seminar, Universität Heidelberg

Der Vortrag wird auch digital übertragen. Die Teilnahme ist möglich unter: https://moodle.univie.ac.at/mod/bigbluebuttonbn/guestlink.php?gid=WeK4tlXaGNvZ

Für Teilnahme vor Ort melden Sie sich bitte unter 01-4277-43502 oder istb@univie.ac.at an. Eintritt nur mit 2,5G-Nachweis; die FFP2-Maskenpflicht gilt auch während der Veranstaltung.


In Indien und darüber hinaus wird Rammohan Roy (gestorben 1833) heute vielerorts als "Vater des modernen Indien" verehrt. Seine Neubestimmung des Advaita Vedānta gilt im Allgemeinen als Geburtsstunde des modernen Hinduis-mus. Nach bisher gängiger Auffassung interpretierte er selbständig die Schriften Śaṅkaras und erklärte dessen Lehren zur Grundlage einer eigenständigen Hindu-Religion. Dabei sei er entscheidend vom europäischen Deismus und dem christlichen Unitarianismus beeinflusst worden. Obwohl die Literatur über Rammohan Roy sehr umfangreich ist, lässt ein Blick in die Quellen erhebliche Zweifel an dieser Interpretation aufkommen. Weder ist geklärt, wie Rammohan Roy überhaupt auf den Advaita Vedānta aufmerksam wurde, noch ist der maßgebliche islamische Einfluss auf seine Religionsphilosophie bisher befriedigend thematisiert worden. Überdies ist es äußerst unwahrscheinlich, dass Rammohan vom europäischen Deismus abhängig war. Weiterhin bleibt nach wie vor unklar, wie sein Kontakt zum christlichen Unitarianismus zustande kam und wer hier wen beeinflusst hat. Der Vortrag wird einen neuen zusammenfassenden Blick auf die Religionsphilosophie von Rammohan Roy sowie deren Quellen werfen und zugleich eine alternative Interpretation vornehmen. Im Anschluss daran wird auch gefragt werden, warum die bisherige Historiographie derartige Fehlstellen aufweist. Es wird argumentiert, dass die historische Erforschung der Religionen in Indien in mancherlei Hinsicht an ungeklärten theoretischen Voraussetzungen leidet und das Konzept einer globalen Religionsgeschichte als möglicher Ausweg dienen kann.

Michael Bergunder lehrt Religionswissenschaft und Interkulturelle Theologie an der Universität Heidelberg. Seine Forschungsschwerpunkte umfassen die neuere tamilische Religionsgeschichte, die Pfingstbewegung und die globalen Dimensio-nen der Esoterik. Er hat sich auch umfangreich mit Theorie- und Methoden-fragen der Religionswissenschaft beschäftigt und macht sich dabei für das Konzept einer globalen Religionsgeschichte stark. Gegenwärtig arbeitet er an einer indischen Religionsgeschichte vom 16. bis zum frühen 20. Jahrhundert.

Organiser:
Verein Sammlung De Nobili - Arbeitsgemeinschaft für Indologie und Religionsforschung
Location:
Seminarraum 1 des ISTB (Campus der Universtität Wien, Spitalgasse 2, Hof 2.7, 1090 Wien) sowie digital